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Für viele Menschen bedeutet der Tod des Lebenspartners oder der Lebenspartnerin ein einschneidendes Erlebnis, das die kommenden Jahre überschatten wird: Wenn ein geliebter Mensch aus dem Leben tritt, hinterlässt er häufig Trauer, Glücklosigkeit und Einsamkeit. Betroffene fallen alleine oft in ein tiefes Loch. Deswegen organisieren Verbände und Seelsorgegemeinschaften, wie beispielsweise die Caritas, seit Jahren regelmäßige Treffen für Trauernde. Hier können sich Menschen in geschützten Gruppen austauschen, gemeinsam trauern und daran erinnern, dass sie mit ihrem Schicksal nicht alleine sind.

In einer dieser Gruppen lernten sich acht junge Witwen aus Wien kennen, die schnell merkten, dass ihnen die monatlichen Trauergespräche nicht genügen. Mehr noch: Sie wünschten sich, ihre Trauer auch an anderen Orten ausleben zu können, statt nur hinter den verschlossenen Türen einer kleinen Selbsthilfegruppe.

Acht Witwen aus Wien haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam trauern zu können.

Regelmäßig begannen sich die Freundinnen unabhängig von den Caritas-Veranstaltungen in Cafés und Restaurants zu treffen, um diesem intimen Rahmen gemeinsam zu trauern, über ihre Erfahrungen und vergangene Beziehung zu sprechen. Im März 2017 gaben sie ihrer kleinen Gruppe schließlich auch einen Namen: Der Young Widow_ers Club (YWDC), oder: Der Club der jungen Witwen. Die heute 35-jährige Franziska trieb diese Idee maßgeblich an und erinnert sich an die Gründung des „Trauerclubs“ zurück: „Zu Beginn standen wir selbst noch an den Anfängen unseres Trauerweges und fanden Halt in der Gemeinschaft. Unser eigenes Bedürfnis nach Teilhabe in Verbindung mit der Kritik an einer Gesellschaft, die den Tod hinter verschlossene Türen rückt, ermutigte uns den YWDC zu schaffen.“

Die acht Frauen beschlossen bald, den Club auch für neue Mitglieder zu öffnen, die den Austausch in einem zwangloseren Umfeld suchten. Kein leichtes Unterfangen, wie Franziska erzählt: „Wir begannen uns zu organisieren, Aufgaben zu verteilen und die anfallenden Fragen und Herausforderungen zu diskutieren. Wichtig war für uns, dabei nicht zu vergessen, dass wir selbst Betroffene sind, die an dem ein oder anderen Punkt unsere eigene Entwicklung und unseren eigenen Zugang zum Tod und zur Trauer lernen mussten.“

Neben den emotionalen Hürden, die mit der Trauerbewältigung verknüpft sind, fielen für die acht Frauen auch bürokratische Hindernisse an, wie die Eintragung als offizielle Selbsthilfegruppe oder die Finanzierung der Werbematerialien. Mittlerweile sind die Freundinnen ein eingespieltes Team, das nur so gut funktioniert, weil die Mitglieder aufeinander Acht geben. Davon ist Franziska heute überzeugt: „Die Bewältigung dieser Aufgaben ist im Wesentlichen dadurch möglich, weil wir uns Aufgaben aufteilen, gut absprechen und Verständnis zeigen, wenn die eine oder andere gerade keine Ressourcen hat.“

Eine freundliche, intime und geschützte Umgebung für Trauernde

Heute, rund zwei Jahre nach der Gründung, ist der Young Widow_ers Club ein internationales Phänomen. Während die Trauergemeinschaft in Wien über 50 Mitglieder und Interessierte zählt, treffen sich mittlerweile auch in Hamburg, Berlin und Erfurt regelmäßig Witwen und Witwer. Die Schreibweise „Widow_ers“ im Clubnamen, die Männer und Frauen gleichermaßen anspricht, ist dabei ganz bewusst gewählt, wie Mitglied Dagmar erklärt: „Zwei Drittel der Menschen, die in Österreich zwischen 20 und 50 Jahren sterben, sind Männer.  Damit wäre es unrealistisch, in unserem Angebot Geschlechterparität vorzufinden. Diese Verteilung spiegelt sich so ungefähr auch in unseren Gästen wider: So sind zu einem Drittel Männer und zwei Drittel Frauen vertreten.“

Die vielen internationalen Treffen können die acht Gründungsmitglieder allerdings längst nicht mehr allein organisieren. Stattdessen werden sie von zwei Frauen aus Hamburg unterstützt. Sie kümmern sich um das Entstehen und die Pflege der deutschen Zweigstellen. Franziska, auch ein Gründungsmitglied der jungen Witwen, erklärt: „Damit eine Gruppe ins Laufen kommt, braucht es ein oder zwei Menschen, die die lokale Organisation einer Gruppe übernehmen. Diese agieren in weiterer Folge durchaus eigenverantwortlich. Wichtig ist uns aber, diese im Rahmen eines persönlichen Gesprächs kennenzulernen und ein Gespür dafür zu entwickeln, wer diese Person ist, die sich für den YWDC engagieren möchte.“

Die Organisatorinnen der Zweigstellen, aber auch neue Mitglieder müssen die Grundwerte der Gruppengründerinnen teilen, wie Franziska weiter ausführt: „Der YWDC ist keine geleitete Trauergruppe und kein kommerzielles Angebot, sondern dreht sich um gemeinsame Abendessen in öffentlichen Lokalen. Gegenseitige Unterstützung und wertschätzende Gesprächskultur. Selbstbestimmt den eigenen Trauerweg zu gehen und dabei wertfrei andere Trauerwege zu betrachten, ist essentiell für unser Trauerverständnis.“ Aktuell arbeiten die Gründungsmitglieder an einem gemeinsamen Leitbild, um ganz unmissverständlich allen Mitgliedern und Interessierten klarzumachen, was YWDC als Gemeinschaft ausmacht.

Alle sind willkommen, die sich an das Leitbild des Witwenclubs halten

Bei den Treffen können die Witwen und Witwer gemeinsam trauern, sich austauschen, aber auch gemeinsam lachen.

Das Einhalten dieser Grundwerte sorgt bei den regelmäßigen Treffen für eine sehr ausgelassene, freundliche Stimmung. Diese ist weit weg von dem Bild, dass sich Außenstehende möglicherweise von einem „Trauerclub“ machen. Gründungsmitglied Niki verrät: „Es wird an unserem Tisch gegessen, getrunken, gelacht, geweint und geplaudert, aber vor allem werden auch Erinnerungen geteilt. Ohne dabei schief angeschaut zu werden, wie sonst so oft in diversen sozialen Kontexten.“

Neue Mitglieder können laut Niki auf Wunsch bereits eine halbe Stunde vor dem eigentlichen Treffen erscheinen, um sich schon einmal untereinander kennenzulernen: „Das erleichtert unseren ‚Newbies‘, so nennen wir liebevoll Menschen, die zum ersten Mal zu uns kommen, den Einstieg. Ein ‚sanftes Ankommen‘ in der Gruppe ist uns sehr wichtig. Ein respektvoller Umgang untereinander ebenso.“

Um dem Young Widow_ers Club beizutreten, genügt bereits eine Mail, wie Gründungsmitglied Dagmar erklärt: „Sowohl über unseren Freundes- und Bekanntenkreis, über Instagram, wie auch über unsere Kontakte innerhalb der Trauer(begleitungs)-Community erhalten wir Anfragen. Per E-Mail informieren wird die TeilnehmerInnen, was sie bei einem YWDC-Abend erwarten wird und über die Möglichkeit an einer Kennenlernrunde vorab sanft einzusteigen. Wir pflegen eine Willkommens-Kultur.“

Die Teilnahme an den YWDC-Abenden ist kostenlos und soll auch in Zukunft kein kommerzielles Angebot sein. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen einzig die Kosten für individuelle Ausgaben, beispielsweise im Restaurant, tragen. Die einzige echte Voraussetzung für eine Teilnahme an den Treffen ist damit das Bedürfnis, sich mit der eigenen Trauer auseinandersetzen zu wollen. Dabei ist es allen Mitgliedern ausdrücklich erlaubt, auch einmal Pausen einzulegen und ein Treffen auszulassen. Nicht alle Menschen trauern gleich und das soll durch dieses Angebot des Clubs widergespiegelt werden, in der es keinen Teilnahmedruck gibt.

Es gibt keinen richtige Weg der Trauer

Dazu sagt Gründungsmitglied Dagmar: „Oft sind Trauernde mit gesellschaftlichen Vorgaben konfrontiert, beispielsweise wie Trauer zu passieren hat, oder zu erfahren, wie das angesetzte Maß einer Trauerzeitvorgabe erdrückend wirken kann. So bieten wir vor all den Plattitüden und gutgemeinten Tipps, die leider noch mehr verletzen, eine Schutzzone.“ Dabei wisse der „Club der jungen Witwen“ sehr wohl, dass sie keine Patentlösung haben. Man wolle gar nicht erst den richtigen oder besten Weg aus der Trauer finden.

Stattdessen wollen die Mitglieder dieser Gemeinschaft die Trauernden stärken und ihnen durch offene Gespräche und ehrliches Interesse helfen, ihren eigenen für sie passenden Trauerweg zu finden. Wer mit dieser Grundidee etwas anfangen kann, ist im Young Widow_ers Club gut aufgehoben, wie Dagmar nahelegt: „Bei uns fühlen sich alle wohl, die ein Bedürfnis haben, über ihr neues Leben zu reden und anderen zuzuhören. Ein Bedürfnis haben, wieder einen Platz in der Mitte der Gesellschaft zu finden. Und einfach mal verstanden zu werden ohne große Erklärungen.“

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