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Herr Leitherer, als Trauerredner haben Sie auf mehr als 700 Beerdigungen gesprochen. Da haben Sie sicher schon viel erlebt. Welche Zeremonien sind Ihnen besonders im Kopf geblieben, weil sie außergewöhnlich fröhlich oder auch skurril waren?

Da könnte ich in der Tat so einiges erzählen. Zum Beispiel habe ich erst vergangene Woche auf der Beerdigung eines passionierten Motorradfahrers gesprochen. Seine Kumpels aus dem Motorradclub waren alle in Lederkluft erschienen. Und während in der Trauerhalle „Highway to Hell“ von AC/DC spielte – in einer Lautstärke, dass der ganze Friedhof mit beschallt wurde – knatterte draußen das alte Motorrad des Verstorbenen. Das war ihre Art, von ihrem Freund Abschied zu nehmen. Auf Wunsch der Angehörigen habe ich dann noch ein Wikinger-Gebet gesprochen, das die Hoffnung aller auf ein Wiedersehen im Tod zum Ausdruck bringen sollte. Die Wikinger waren fest davon überzeugt, dass der Körper des Verstorbenen nach Walhalla geht, wo ihn alle Verwandten und lieben Freunde bereits erwarten. Die Zuversicht, dass da noch etwas kommen könnte, hat in diesem Moment alle Verzweiflung weggewischt und den Angehörigen sehr viel Trost gespendet.

Haben Sie noch weitere solcher schönen Geschichten auf Lager?

Oh ja. Zum Beispiel gibt es da eine Schauspielerfamilie aus München, in deren Auftrag ich schon bei mehreren Beerdigungen die Trauerrede gehalten habe. Bei dieser Familie ist es Tradition, dass man eine Leberkäs-Semmel ins Grab wirft und Bier auf den Sarg gießt. Auch wenn das für manche ziemlich schräg klingt: Die Person, die immer gern in gemütlicher Runde im Wirtshaus bei einem Bier saß, hätte das ganz sicher genauso gewollt. Übrigens ist diese Familie nicht die einzige die das tut, das ist ein Münchner Phänomen. Hier fliegen bei Beerdigungen relativ häufig Leberkäs-Semmeln. Viele Menschen in Bayern sind tief mit ihren Traditionen und ihrer Kultur verbunden, gleichzeitig aber so modern, dass sie diese aus Galgenhumor heraus bis in den Tod pflegen. War der Verstorbene ein Stammtisch-Bruder, fließt auch schon mal der Schnaps. Bei Beisetzungen von Fans der Spielvereinigung Unterhaching habe ich schon mehrfach erlebt, dass die Vereinshymne am Grab gespielt wurde. Die Trauergäste hatten dabei ein Lächeln auf den Lippen, so etwas finde ich schön.

Haben Sie schon einmal erlebt, dass nicht alle Trauergäste mit der Gestaltung der Zeremonie einverstanden waren?

Nein, eigentlich nicht. Das war früher vielleicht so. Heutzutage kommt nicht mehr das ganze Dorf zu einer Beerdigung. In den meisten Fällen handelt es sich um Personen, die dem Verstorbenen nahe standen und somit auch verstehen und akzeptieren, warum die Zeremonie so abläuft wie sie es eben tut.

Sie finden also, dass man als Hinterbliebener bei der Gestaltung der Beerdigung ruhig mutig sein sollte, wenn man weiß oder meint, dass sich der Verstorbene sie sich genauso gewünscht hätte?

Ich finde ja. Den Wunsch der verstorbenen Person, auch wenn er ein wenig ungewöhnlich ist, sollte man respektieren.

Haben Sie auch schon mal eine Anfrage abgelehnt, weil Ihnen der Wunsch eines Kunden zu weit ging? Wo sind bei Ihnen die Grenzen?

Ich hatte vor einigen Wochen tatsächlich den Fall, dass ich einen Auftrag abgelehnt habe. Es ging um die Trauerrede für eine Person, die recht exzentrisch gelebt hatte. Die Hinterbliebenen wollten gerne, dass ich am Grab über all die Eskapaden des Verstorbenen spreche, etwa wie er Fahrerflucht begangen hatte und von der Polizei gesucht wurde. Höhepunkt war, dass er manchmal mitten in der Nacht aufzustehen pflegte, seine Waffe lud und in die Luft schoss. Einfach, weil es ihm Spaß machte. Das sollte ich auch in meine Rede packen. Aber das ging mir dann zu weit. Ich habe auch einen Berufsethos. Und mir ist ganz wichtig, dass ich mir den bewahre. Zum Glück gibt es nicht viele Anfragen, die so aus dem Ruder laufen.

Dafür, dass die Zahl der freien Trauerzeremonien stetig steigt und Beerdigungen immer häufiger individuell und bunt gestaltet sind, muss es ja einen Grund geben. Haben Sie eine Erklärung für diesen Trend?

Um keinen falschen Eindruck zu vermitteln: Es gibt trotz allem noch immer sehr viele Beerdigungen, auf denen bewusst eine traurige Grundstimmung gewünscht ist, wo viel aus der Bibel zitiert und das Ave Maria gesungen wird. Meiner Meinung nach werden solche Trauerzeremonien aber häufig deshalb so trist gestaltet, weil die Angehörigen meinen, das müsse so sein, das gehöre sich so. Dabei geht es doch gar nicht darum das zu tun, was andere von einem erwarten, sondern dass die Abschiedszeremonie der verstorbenen Person gerecht wird. Wer sich von vermeintlichen gesellschaftlichen Zwängen leiten lässt, dem entgeht auch selbst viel, nämlich die Möglichkeit, dass noch einmal ein ganz persönliches Bild dieses einmaligen Menschen gezeichnet wird, an das sich dann alle Anwesenden mit einem Lächeln erinnern können.

Könnte es auch daran liegen, dass sich die Beerdigungskultur in einem Wandel befindet, weil sich unsere Welt in den letzten Jahrzehnten stark verändert hat?

Die Tatsache, dass immer häufiger am Grab gelacht wird und die Angehörigen und Freunde in bunter Kleidung erscheinen statt in schwarzem Trauerflor, ist selbstverständlich auch eine Generationenfrage. Die Menschen heute haben nicht mehr diese starke religiöse Bindung, wie es früher der Fall war. Viele möchten die Trauerfeier so gestalten, wie es dem Charakter, dem Lebensstil, der Persönlichkeit des Verstorbenen am Nächsten kommt. In der kirchlichen Liturgie mit all ihren Ritualen ist wenig Platz für individuelle Worte und persönliche Gestaltung. Viele entscheiden sich für eine freie Zeremonie, weil hier der Mensch, der gestorben ist, im Mittelpunkt steht und nicht die Kirche.

Was sind die häufigsten Wünsche bei einer freien Trauerzeremonie?

Es gibt mittlerweile ja viele Möglichkeiten, sich bestatten zu lassen. Manche Menschen wünschen sich, einmal auf einer Bergwiese ihre letzte Ruhe zu finden. Die Angehörigen reisen dann zum Beispiel in die Schweizer Alpen und verstreuen dort oben die Asche des Verstorbenen. Häufig gewünscht sind auch Seebestattungen oder die Beisetzung auf einem Friedhain. Viele möchten schon zu Lebzeiten die Gewissheit haben, einmal nicht auf einem städtischen Friedhof zu liegen, sondern an einem friedlichen Ort eins mit der Natur zu sein.

Vielleicht überlegt sich jetzt gerade der eine oder andere Leser, was er sich für seine eigene Beerdigung wünschen würde. Was ist denn generell möglich? Gibt es da eventuell auch bestimmte Vorschriften?

Jede Friedhofsverwaltung hat zwar ihre eigenen Regeln, aber es gibt ja auch viele schöne Details und Rituale, die man in die Trauerzeremonie mit einfließen lassen kann, die weniger extrem sind. Was ich zum Beispiel häufig sehe ist, dass die Familie die Urne des Verstorbenen bemalt oder jeder einen Abdruck seiner Hand mit Fingerfarbe auf dem Sarg hinterlässt – eine ganz persönliche Art, Lebewohl zu sagen. Oft werden auch gemeinsam Kerzen angezündet, oder alle werfen Rosenblätter ins Grab. Manche lassen auch Luftballons fliegen oder Tauben. Man sollte vorher aber abklären, ob die Friedhofsordnung das erlaubt. Ich persönlich fände es schön, wenn sich Menschen, unabhängig vom Alter, mehr Gedanken darüber machen würden, wie ihre Beerdigung einmal aussehen soll. Schon deshalb, weil sie ihren Hinterbliebenen damit von einer großen Last befreien. In der Realität ist der Tod leider immer noch ein Tabu-Thema.

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